Daniel Kehlmann: „Ruhm“

25. April 2011 4 Kommentare

Nein, ich habe nicht „Die Vermessung der Welt“ gelesen und nun mit Spannung auf Kehlmanns nächste Veröffentlichung gewartet. So gab es von meiner Seite keinen Erfolgsdruck, an das Niveau seines ersten Buches anzuknüpfen – und ich kann demzufolge auch nicht einschätzen, ob er es geschafft hat. Ich fand das Thema einfach interessant und vor allem den Fakt, dass es ein Episodenroman ist, denn ich mag Episodenfilme. Neun Geschichten, die völlig unabhängig voneinander gelesen werden könnten, die aber doch durch einen dünnen roten Faden miteinander verknüpft sind. Sehr geschickt übrigens! Ein weiterer Pluspunkt sind die Stimmen von Nina Hoss und Ulrich Matthes – das Hörbuch lohnt sich allein schon deswegen. Matthes brilliert insbesondere in „Ein Beitrag zur Debatte“! Einfach köstlich!
Nein, „Ruhm“ ist alles andere als eine Komödie, auch wenn man an vielen Stellen mehr als nur schmunzeln muss. Es beschäftigt sich aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln mit existentiellen Fragen, ohne diese Fragen explizit zu stellen. Zum Beispiel geht es darum, worüber wir uns selbst definieren bzw. wie dieses „etwas“ zustande kommt, das wir für gewöhnlich als „ich“ bezeichnen. Wenn man es aus seinem gewohnten Umfeld herausnimmt, ihm alles entzieht, was doch wie selbstverständlich zu ihm gehört – Beruf, Freunde, Familie, den Pass, das Mobiltelefon etc. – was bleibt dann übrig?
Nein, es sind keine schönen Geschichten, teilweise eher verstörend und nicht selten wird man am Ende mit dem Gefühl zurückgelassen, dass doch da noch etwas kommen müsste. Es wäre schade, zu viel über den Inhalt zu verraten, deswegen fasse ich mich ausnahmsweise etwas kürzer: Trotz aller Vorbehalte mancher Kritiker lautet mein Fazit für Daniel Kehlmanns „Ruhm“ (gelesen von Nina Hoss und Ulrich Matthes): Sehr empfehlenswert!

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Jonathan Safran Foer: „Tiere essen“

15. Januar 2011 7 Kommentare

Noch keinen guten Vorsatz für 2011? Wie wäre es denn damit, weniger Fleisch zu essen? Ich hätte auch den passenden Lesetipp dazu: „Tiere essen“ von Erfolgsautor Jonathan Safran Foer („Alles ist erleuchtet“). Darin geht es nicht darum (wie man leicht vermuten könnte), die müßige Diskussion zur Verteidigung des Vegetarierdaseins fortzuführen – obwohl der Autor sich als solcher outed. Vielmehr geht es um Information, teilweise sehr privater Natur, und es geht um die Abschaffung der Gedankenlosigkeit, was unsere (tierischen) Lebensmittel angeht. Wer also weiterhin voller Genuss und Gleichgültigkeit in sein Putensteak, seine Bratwurst oder sein Thunfischsandwich beißen möchte, der sollte dieses Buch lieber gar nicht erst in die Hand nehmen! Wer sich allerdings der zugegebenermaßen unangenehmen Frage stellen möchte, womit wir heutzutage zu einem Großteil unsere Mägen füllen, wird Foers Buch so schnell nicht wieder weglegen können. Denn es ist nicht nur interessant und informativ – es liest sich auch gut! Ich persönlich mochte insbesondere den Teil, in dem er beschreibt, wie er nachts mit einer Tierschützerin in eine Hühnerfarm einbricht – rein zu Recherchezwecken versteht sich. Die Entdeckungen, die die beiden dort machen, sind schier unglaublich!
Andere Informationsquellen stellten sich als weitaus weniger aussagewillig heraus. Der Autor schrieb wiederholt an mehrere der großen Fleischkonzerne der USA und bat sie um Auskunft über ihre jeweiligen Produkte und deren Herstellungsweise. Er tat dies weder als Journalist noch mit dem Ansinnen ein Buch darüber zu veröffentlichen, sondern (lediglich) als besorgter Familienvater. Die Industrie blieb ihm jedoch jegliche Antwort schuldig.
Seine Vaterschaft war es auch, die den Anstoß für dieses Buch gab, an dem er insgesamt 3 Jahre arbeitete. Das Ergebnis kann sich sehen lassen! Foer wirft darin unbequeme Fragen auf, wie beispielsweise: Ist es wirklich notwendig, dass massenhaft Tiere leiden, damit ich mein Verlangen nach Fleisch (oder Fisch) stillen kann? Wieso essen wir gerade Kühe oder Schweine aber z.B. keine Hunde? Sind letztere wirklich so viel niedlicher oder intelligenter? Welchen Einfluss habe ich als Konsument und Verbraucher überhaupt?
Selbstverständlich beziehen sich seine Recherchen und Analysen hauptsächlich auf die amerikanische Situation der Massentierhaltung, doch leider steht Deutschland in diesem Gebiet seinem großen Vorbild nur wenig nach. Dank des sehr ausführlichen Anhangs der deutschen Herausgeber des Buches kommt man mit der gängigen Ausrede: „Aber bei uns ist das doch anders!“ nicht besonders weit. Wer anfängt sich mit Massentierhaltung auseinander zu setzen, wird schnell ein Gewissensproblem bekommen, auch ohne ein ausgesprochener Tierfreund zu sein. Es ist daher verständlich, dass man versucht ist, diesem Thema weiträumig aus dem Weg zu gehen. Und da haben wir noch nicht einmal die damit verbundene Umweltbelastung erwähnt…

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Graham Greene: „Orient Express“

Nein, das ist nicht die Kurzfassung von Agatha Christies „Mord im Orient Express“! Es heißt im Original „Stamboul Train“ und ist der erste Roman von einem (wie ich finde) der größten Autoren des 20. Jahrhunderts. Graham Greene (1904-1991) war eigentlich Journalist und arbeitete u.a. für The Times in London. Wer den Namen noch nie gehört hat, hat vielleicht einen der Filme gesehen, der auf der Grundlage einer seiner Romane entstanden ist, wie zum Beispiel „Der dritte Mann“, „Das Ende einer Affaire“ oder „Der stille Amerikaner“. Nein? Macht nichts.

Quelle:wikipedia

Der Orientexpress war ein Luxuszug, der seit 1883 Westeuropa mit dem Balkan verband und noch bis Ende 2009 existierte. Als Greene 1932 seinen Roman schrieb, verkehrte er zwischen Ostende und Istanbul. Für die gesamte Strecke brauchte man drei Tage.
Wie immer wirft Greene seinen Leser sofort in eine Situation hinein, ohne zu erklären, wo man sich befindet oder wer wer ist. Das erfährt man erst nach und nach durch die Dialoge und durch das, was passiert. Außerdem wird man vom Autor mitgenommen in die Gedanken- und Gefühlswelt sowohl seiner männlichen als auch seiner weiblichen Charaktere – in letztere zum Teil dermaßen überzeugend, dass man sich hin und wieder ertappt fühlt. Im Vergleich zu späteren Werken gibt es in „Orientexpress“ relativ viele Hauptpersonen, die verschiedener kaum sein könnten. So muss sich Greene auch nicht auf ein Thema beschränken, sondern kann – ohne auch nur im Geringsten oberflächlich zu sein – auf ein weites Themenspektrum behandeln. Beispielsweise den bereits damals aufkeimenden Antisemitismus – einfach indem er die Wahrnehmungen des jüdischen Passagiers Carlton Myatt beschreibt. Oder die Situation im damaligen Jugoslawien – „zufällig“ ist auch einer der führenden Rebellen an Board des Orientexpress. (Nebenbei bemerkt: Für mich persönlich war es eine äußerst merkwürdige Erfahrung auf dem Belgrader Flughafen ein Buch über einen Zug zu lesen, der sich auf dem Weg in eben diese Stadt befindet.)
Es geht aber in „Orientexpress“ nicht ausschließlich um Politik. Obwohl die politische Seite von Greenes Büchern (zumindest für mich) immer sehr aufschlussreich ist, sind es die persönlichen Fragestellungen seiner Charaktere, die seine Bücher zeitlos machen. So fragt sich die junge Tänzerin Coral Musker, ob sie es wert ist, um ihrer selbst willen geliebt zu werden, bis sie merkt, dass sie in außergewöhnlichen Situationen zu Außergewöhnlichem fähig ist. Der reiche jüdische Geschäftsmann schwankt zwischen einer Beziehung aus Liebe und einer aufgrund wirtschaftlicher Verpflichtungen. Bleibt er seinen Idealen treu oder tut er das, was von ihm in seiner Position erwartet wird? Auch der serbische Widerstandskämpfer hatte einmal Ideale – die Realität hat ihn mittlerweile eingeholt, doch die Liebe zu seinem Vaterland macht ihn vergessen, wie wenig ein einzelner Mensch ausrichten kann.
Übrigens wurde auch aus „Orientexpress“ ein Film gemacht, der aber ein ziemlicher Flop sein soll. Daher mein Tipp: Unbedingt das Buch lesen!

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Elke Heidenreich und Bernd Schröder: „Alte Liebe“

30. November 2010 3 Kommentare

Lore und Harry sind Mitte sechzig, 40 Jahre verheiratet. (Könnten also meine Eltern sein.) Während Harrys ganze Leidenschaft seinem Garten gehört, findet Lore, die Bibliothekarin, Zuflucht in ihren geliebten Büchern. (Und schon war’s das mit der Parallele.) Mutig stellen sich die beiden den Fragen des Altwerdens und ja, auch des Sterbens. Ich gebe zu, das klingt vom Plot her erstmal nicht besonders spannend, aber ich glaube diesen Anspruch haben die beiden auch gar nicht. Durch den cleveren Stil des Buches kam zumindest bei mir keine Langeweile auf. Die Autoren haben die Kapitel nämlich abwechselnd geschrieben – so erfährt man als Leser sowohl Lores als auch Harrys ehrliche und unverblümte Sicht auf die Dinge, und man ist nicht selten überrascht darüber, wie gut einer den anderen kennt – was jedoch nicht bedeutet, dass sie sich auch gut verstehen! In den Dialogen, die sich an jedes Kapitel anschließen, wird recht häufig (auf durchaus amüsante Weise) gestritten und argumentiert, natürlich nicht gesagt, was man wirklich denkt (und was der Leser dennoch weiß) – aber es wird auch hin und wieder gescherzt und gelacht, besonders über die „alten Zeiten“. Meine Lieblingsszene ist die Zugfahrt nach Leipzig zur Hochzeit der Tochter. Da merkt man erst mal, was man als passionierter Autofahrer alles verpasst!
Alte Liebe. Die Liebe bis zum Tod. Gibt es das wirklich oder ist das nur so eine Wunschvorstellung à la Hollywood? Bei Lore und Harry fliegen die Fetzen und es gibt so manches, was der eine am anderen gerne ändern würde – doch irgendwann entscheiden sie sich so zu leben, dass sie andere Paare nicht beneiden müssen. Sie entscheiden sich, einander entgegenzukommen in den Eigenarten, die jeder in den Jahren entwickelt hat – und sie merken, dass sie das viel glücklicher macht, als stur auf dem eigenen Standpunkt zu verharren und immer nur zu meckern (aha!). Sie investieren etwas in ihre Liebe, damit sie mit ihnen gemeinsam alt werden kann. Klingt zu idealistisch? Vielleicht. Aber wäre es nicht schade, es gar nicht erst zu versuchen?
Na gut, für alle, denen das jetzt alles zu verwirrend war, hier noch einmal die Kurzfassung: Alte Liebe. Und zwar als Hörbuch! Gelesen von den Autoren. Zum Lachen und zum Heulen, witzig und melancholisch, aber insgesamt sehr vergnüglich!

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Versprechungen

Ich lehne mich jetzt mal ganz weit raus und tue etwas, was ich eigentlich nie mache: ich verspreche etwas! (Nein, das ist kein Tippfehler!) Und zwar wird es hier in diesem Monat noch ein zweites Buch geben!
Welches das sein wird, kann ich natürlich noch nicht verraten – vielleicht aber so viel: es wird weder ein Sachbuch noch eine Biografie sein 🙂

PS: Ich hoffe, auch die notorischen Meckerer damit versöhnlich stimmen zu können 😉

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Loren Cunningham: „Daring to Live on the Edge“

Darf ich vorstellen: Loren Cunningham, Gründer der Missionsorganisation „Youth With A Mission“ („Jugend mit einer Mission“). Ja, ich weiß, immer diese Gründerbücher! Aber ich denke, wer so etwas wie YWAM gründet, ist doch sicher nicht irgendwer und hat bestimmt auch einiges zu erzählen…
„It’s all ’bout the money“ (Alles dreht sich um’s Geld) – singt jedenfalls schon Meja. Naja…, alles vielleicht nicht, aber zumindest dreht es sich in diesem Buch darum – daher auch der Untertitel: „The Adventure of Faith and Finances“. Was? Darüber kann man ein ganzes Buch schreiben? Man kann! Und dann auch noch so, dass andere es lesen wollen! Aber will man wirklich lesen, wie man mit seinem Geld umgehen soll? Sollte man als Christ nicht sowieso am besten arm wie eine Kirchenmaus sein oder zumindest alles, was man hat, den Armen geben? Das Buch wäre erheblich dünner ausgefallen, wenn die Antwort auf diese Fragen tatsächlich „ja“ wäre.
Seien wir ehrlich, auch im Leben von Christen (oder von Gemeinden) spielt das Geld schon eine wichtige Rolle. Es geht auch gar nicht anders – schließlich muss man Rechnungen und Miete bezahlen, ab und zu etwas essen oder sich von Zeit zu Zeit mal ein gutes Buch kaufen. Trotzdem ärgert es mich oft, dass so vieles vom Geld abhängig ist und dass nicht selten die Dinge, die ich tue (oder eher nicht tue) vom Geld bestimmt sind.
Wer nun von dem Buch die „10 easy steps“ zum richtigen Umgang mit Geld erwartet, der wird es wohl enttäuscht wieder weglegen. Das hätte – nebenbei bemerkt – auch relativ wenig mit adventure oder faith zu tun. Es geht vielmehr um Erlebnisse (vom Autor oder anderen), bei denen Menschen etwas gewagt haben, was auf den ersten Blick völlig irrsinnig erscheinen mag – aber sie haben es gewagt, weil sie vorher mit Gott darüber geredet hatten, und ihm konnten sie vertrauen, weil sie ihn gut kannten und wussten, er würde sie nicht hängen lassen. Bei einigen dieser Geschichten blieb mir sprichwörtlich die Spucke weg – und obwohl ich literarisch von anderen Büchern schon mehr gefesselt war, war es hier die beinahe unerträgliche Unmittelbarkeit und der nervige Gedanke: das könnte dir auch passieren, wenn du nicht so ein Angsthase wärst! Also, für alle Angsthasen: Vorsicht bei der Lektüre dieses Buches! Ihr könntet herausgefordert werden, euch auf das dünne Eis des Vertrauens zu begeben und einfach mal zu machen, was Gott euch sagt. Ich hab mir sagen lassen, bis jetzt ist dabei noch keiner eingebrochen…

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Jörn Klare „Was bin ich wert?“

26. September 2010 5 Kommentare

Und nun zu etwas völlig anderem. Und zwar zu einem Buch aus dem Genre … äh… ja, welchem eigentlich? Es klingt philosophisch. Ist es aber überhaupt nicht! Eher ein Sachbuch. Dafür ist es aber viel zu amüsant geschrieben! Ein Buch über ethische Fragen? Im Gegenteil! Vielleicht doch eher die psychologische Richtung? Auch! Und die wirtschaftliche! In der Thalia steht es unter „Sozialwissenschaften – Einzelthemen“. Na gut.
Um es geradeheraus zu sagen: Es geht um’s Geld. Wenn Jörn Klare fragt „Was bin ich wert?“ meint er damit nämlich kein ideelles Blabla, sondern handfeste Eurostücke. Besser wären Scheine und zwar möglichst viele! Denn – so seine Theorie – das gute alte Selbstwertgefühl kann schließlich nur profitieren, wenn zu den ohnehin zahlreichen inneren Werten auch noch ein (hoffentlich hoher) monetärer Wert hinzukäme. Aber wie berechnet man den? Und ist er für alle Menschen gleich? Wenn ja, wieso heißt es dann „Frauen und Kinder zuerst“? (Das kann nur ein Mann fragen!) Wenn nicht, wonach richtet sich die Unterscheidung? Mit diesen Fragen begibt sich der Autor auf eine spannende Reise und nimmt seinen Leser mit zu verschiedensten Personen und Einrichtungen, die sich teilweise aus beruflichen Gründen mit diesem Thema beschäftigen, teilweise noch nie darüber nachgedacht haben.
Was ist ein Leben wert? Wenn man erwartet am Ende eine zufriedenstellende und Selbstwert steigernde Antwort auf diese Frage zu bekommen, wird man wohl enttäuscht werden. Ja, am Ende steht eine Zahl – soviel darf man, denke ich, verraten – doch um sich dieser anzunähern, wirft das Buch einige (teilweise unbequeme) Fragen auf. Beispielsweise: Sind alte Menschen noch genauso viel wert wie junge? Ab wann „lohnt“ sich eine Organtransplantation nicht mehr? Hat das Kind meiner Nachbarn denselben Wert wie ein Kind, das in einem Entwicklungsland lebt? Und wenn ja, warum ist es dann möglich, diese Kinder für ein paar hundert Euro zu kaufen? Wie viel Geld wären wir bereit zu zahlen, um unser eigenes Leben zu retten oder für wie viel würden wir es riskieren?
Was ist ein Leben wert? Denkt man dabei an Lösegeld, erhält diese Frage noch eine andere Dimension. Der deutsche Rekord liegt übrigens bei 30 Mio. DM für Jan Philipp Reemtsma. Beim Kopfgeld ist Bin Laden derzeit ungeschlagen: 50 Mio. USD! Klare hat gut recherchiert. Ganz nebenbei bekommt der Leser so auch Nachhilfeunterricht in Allgemeinbildung. Bei Themen wie Sklaverei und Menschenhandel im 21. Jahrhundert kann man kaum glauben, was man liest. Weniger weltbewegend und dennoch interessant sind die Probleme Berliner Hausärzte, die ja eng verbunden sind mit einem Lieblingsstreitthema der deutschen Regierung – der Gesundheitspolitik. Wenn es irgendwo eine Preisermittlung für menschliches Leben gibt, dann ja wohl hier!
Was ist ein Leben wert? Die Frage ist alles andere als neu – auch das wird in Klares Buch deutlich. Ob es ethisch vertretbar ist oder nicht – dem Menschen wird ein monetärer Wert zugeschrieben. Heute mehr denn je!

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Geduld!

1. September 2010 2 Kommentare

Der August war einfach zu schnell um und ich war zu viel unterwegs um über ein neues Buch zu bloggen. Habt also noch ein wenig Geduld – lange wird der nächste Eintrag nicht mehr dauern…

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Patti Smith „Just Kids“

16. Juli 2010 2 Kommentare

Wie komme ich dazu die Biografie einer Sängerin zu lesen, die mit ihrem Musikstil nicht unbedingt meinen Geschmack trifft? (Was nicht heißt, dass die Frau nicht singen kann – im Gegenteil! Wer’s nicht glaubt sollte mal in ihr 2007 erschienenes Album „Twelve“ reinhören!) Nun, über Musikgeschmack lässt sich streiten – dass Patti Smith ein überaus interessantes Leben führte, ist hingegen unbestritten! Ich finde es bewundernswert, was sie erreicht hat. Nichts davon ist ihr einfach so zugeflogen – sie hat hart dafür gearbeitet! Und hin und wieder hat sie auch ein bisschen Glück gehabt, oder wie sie es ausdrückt: Sie hatte „eins der besten Pferde erwischt.“
Mit 12 Jahren betet sie dafür zur Künstlerin berufen zu sein. Mit 20 entflieht sie der Kleinstadtidylle und geht nach New York City, ohne Geld, ohne Ausbildung, ohne jemanden dort zu kennen. Zufällig trifft sie Robert Mapplethorpe – eine Begegnung, die ihr Leben veränderte. „Just Kids“ ist jedoch keine romantische Liebesgeschichte. (Sorry.) Es ist die Geschichte einer Freundschaft – so der deutsche Untertitel. Ich würde sogar sagen einer außergewöhnlichen Freundschaft! Die beiden verbindet mehr als nur die gemeinsame Liebe zur Kunst oder die Liebe zueinander. In Roberts Worten: „Keiner sieht, wie wir sehen.“
Bevor Patti Smith jedoch als Sängerin Musikgeschichte schreibt, schreibt sie Gedichte und zeichnet. Sie und Robert leben von Gelegenheitsjobs und wissen oft nicht, wo sie das Geld für die nächste Malzeit herkriegen sollen. Es scheint aussichtslos, dass sie irgendwann allein von ihrer Kunst leben können – obwohl beide das große Potential im anderen sehen und sich gegenseitig ermutigen.
Neben ihrer ganz persönlichen Geschichte zeichnet Patti Smith in diesem Buch auch ein sehr lebendiges Bild der späten 60-er und 70-er Jahre. Sie wohnt mit Robert in einem winzigen Zimmer im legendären New Yorker „Chelsea Hotel“ – DER Treffpunkt der damaligen Kunstwelt. „Jeder, der hier durchmarschiert, ist irgendwer, auch wenn er draußen ein Niemand ist.“ Und so trifft man beispielsweise auf Namen wie Janis Joplin, Jimi Hendrix, Allen Ginsberg oder Andy Warhol – und entdeckt ganz neue und private Seiten. Als Patti Jim Morrison das erste Mal live sieht, denkt sie sich: „Das kann ich auch“.
„Just Kids“ zeigt für mich, dass Unmögliches möglich werden kann, dass nicht immer nur die gewinnen, die von Anfang an die besten Chancen hatten, dass es sich lohnt, für etwas Opfer zu bringen, an das man glaubt, dass es jedoch nicht darum geht, so viel Geld wie möglich zu haben oder so berühmt wie möglich zu sein – sondern in allem sich selbst treu zu bleiben.
Als Patti Smith 1969 nach New York kam, war sie ein Niemand. Mit ihrer Kunst hat sie mittlerweile Weltruhm erlangt – dabei hat sie es geschafft, sie selbst zu bleiben. Ich ziehe den Hut!

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Paulo Coelho “Die Hexe von Portobello”

21. Juni 2010 6 Kommentare

Zunächst muss ich gestehen, dass ich ja nicht gerade ein Coelho-Kenner bin. Ich habe mir bisher lediglich 2 Hörbücher von ihm angehört: „Der Alchimist“ und „11 Minuten“ (letzteres verdient eine FSK von mindestens 18!). Ich wusste bereits, dass Religion ein großes Thema dieses Autors ist und die Institution Kirche bei ihm eher schlecht wegkommt – so ist das auch in „Die Hexe von Portobello“. Der Glaube spielt auch hier eine zentrale Rolle. Umso spannender fand ich den Titel. Wahrscheinlich würde man das Wort „Hexe“ nicht sofort mit dem Thema „Glauben“ und vielleicht sogar dem christlichen Glauben assoziieren – höchstens im negativen Sinne. Sherine (oder Athena, wie sie sich auch nennt) – also die besagte „Hexe“ – wird aber ganz und gar nicht als negative Person dargestellt. Als Leser schenkt man ihr von Anfang an alle Sympathien, auch wenn man vieles nicht versteht oder vielleicht anders machen würde – man will, dass sie Erfolg hat, dass sie findet wonach sie sucht.
„Die Hexe von Portobello“ ist nicht nur der Form nach anders – da es aus Berichten verschiedener Leute besteht, die eine mehr oder weniger enge Beziehung zur Hauptfigur hatten, die – so wird bereits auf den ersten Seiten dargelegt – Opfer eines Gewaltverbrechens wurde. Zunächst tat ich mich schwer, mich auf diese Form einzulassen, nicht weil es nicht gut gemacht war, sondern weil es einfach ungewohnt war. Aber um Ungewohntes, Neues, Anderes geht es Coelho auch inhaltlich.
Prinzipiell begeistern mich Bücher, die mich nicht nur unterhalten, sondern mich auch herausfordern innezuhalten und mein Leben zu überdenken. Mit „Die Hexe von Portobello“ wirft der Autor Fragen auf wie: Wozu bin ich auf der Welt? Tue ich das, was ich tue auch gern – falls nein, warum tue ich nicht das, was ich eigentlich tun will?
Für alle, die sich fragen, ob das, was alle machen, wirklich schon alles ist – für alle, die mehr wollen in ihrem Leben als ein sicheres Einkommen, lohnt sich die Lektüre dieses Buches, das den Leser niemals langweilt und mit einem (zumindest für mich) eher unerwarteten Ende überrascht.Übrigens eignet sich das Buch durchaus für weibliche und männliche Leser gleichermaßen, auch wenn die Hauptfigur eine Frau ist! Nur Mut!

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